Manche Führungskraft hat sich angesichts der von Corona gesetzten Limits über den Sinn ihrer Aufgabe Gedanken gemacht. Wie lässt sich dieser Sinn aktivieren und mit neuen Akzenten bekräftigen?

Wir haben gelernt, mit dem Lockdown umzugehen. Wir haben gelernt, uns umzustellen, uns anzupassen. Was Pädagogen längst wissen, schlägt nun auch in der Arbeit von Führungskräften durch: Lernen ist im Grunde eine Anpassungsleistung. Wir experimentieren, wir machen Fehler, wir korrigieren sie möglichst schnell. Führungskräfte unterstützen ihre Mitarbeiter in diesem Prozess. Sie begleiten, sie leiten an, sie coachen. Diese Facette moderner Führungsstile ist jetzt stärker gefragt denn je.

Damit Anpassung gelingt, muss Führen auf allen Ebenen und in allen Bereichen sich selbst anpassen. Die Zukunft der Führung ist weniger komplex und weniger langwierig. Das „Mehr“ ist agiler, flexibler, entscheidungsfreudiger. Richtschnur sind nicht der Beschluss oder das Protokoll von gestern, sondern die Chance morgen.

Alte Prozesse bewahren, aber auf neue Wege führen

Der Unsicherheit in der äußeren Umgebung begegnet man vernünftigerweise durch Sicherheit im Inneren. Das bedeutet auch, nicht sofort panisch Routinen und bewährte Prozesse über Bord zu werden. Selbstmanagement lebt von der Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit des Individuums, der Gruppe und des Environments. Spätestens jetzt werden, bei mutigem Hinsehen und Prüfen, bestehende Schwächen von Prozessen sichtbar – und Ansatzpunkte für Veränderung. Auf eine Frühstücksrunde muss man nicht verzichten, weil sie nicht unter physischer Präsenz verläuft. Sie lässt sich virtuell abhalten. Warum nicht alle zusammen die Kaffeetassen ins Bild halten und auch jetzt das tun, was seine Sinnhaftigkeit schon bewiesen hat? Warum nicht die wöchentliche Statusbesprechung von Projekten weiterführen, aber um einen zusätzlichen Report „Ich und mein Home Office“ ergänzen? Warum nicht jetzt mit der durchs Team rotierenden Leitung von Meetings beginnen, die bisher an Trägheit, Schüchternheit oder Angst einzelner gescheitert ist (oder am eigenen Ego)?

„In der langen Geschichte der Menschheit haben sich immer die durchgesetzt, die gelernt haben zusammen zu arbeiten und zu improvisieren.“ Dieser Satz von Charles Darwin meinte so viel wie „Survival of the fittest!“ Human-soziale Intelligenz als Mittel der Anpassung. Und aktuell ist die gesamte Arbeitswelt herausgefordert, sich schnell an zu passen.

Zeit-Slots für Chancen tun sich auf und sie verschwinden auch wieder. Also packt man seinen Mut zusammen und improvisiert: Jetzt auf digitalen Service umstellen. Jetzt die Chance für Regionalität nutzen. Jetzt wertvolle Verbindungen aufrechterhalten und sich online treffen. Jetzt die Prioritätensetzung ändern, um zu überleben. Nachkorrigieren und Feinjustieren lässt sich später. Schlimmer wäre es, zu lange zu warten und damit Möglichkeiten der Handlung nicht wahrzunehmen.

Routinen sind überraschend schnell passé. Unbewusst wirkt zwar der gewohnte Arbeitsrhythmus, aber er passt nicht mehr. Man war gewohnt, sich gut auf ein Meeting vorzubereiten. Nun hat man gerade mal 5 Minuten Zeit, um sich zu sammeln und schon geht’s los mit der digitalen Krisensitzung. Entscheidungen dürfen nicht ewig dauern, Umsetzungen auch nicht. Lernzyklen dürfen und müssen schneller werden. Manchmal sind alle auf dem gleichen Kenntnisstand und Führungskräfte lernen zeitgleich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Kooperation ist angesagt.

Sie arbeiten gerade viel „head down“? O.k. physisch geht’s in Zeiten von Homeoffice und digitaler Kommunikation kaum anders. Aber inwieweit gilt das auch für den seelischen Zustand?  Den Kopf hängen lassen? Kommt schon vor in diesen Zeiten. Aber sollte dieser Zustand länger anhalten, muss die Frage gestattet sein: Wollen wir uns das von uns selber gefallen lassen? Lösen Sie sich 5 min vom Monitor und denken Sie nach:

Mit welcher Art „future mind“  wollen Sie  letztendlich aus der Krise rausgehen oder rauskommen?  Unabhängig davon,  wie hart es uns trifft – und in vieler Weise stehen wir da der Zukunft leider machtlos gegenüber: irgendwann ist die Krise vorbei und wir müssen konstruktiv sein. Konstruktiv kommt aus dem lateinischen „aufbauen“.  Wir können jetzt schon beginnen!.   Der Philosoph und Erfinder der Logotherapie,  Viktor Frankl nennt das „Einstellungsmodulation“.  Also: Wenn Sie sich gerade innerlich „head down“  ertappen: bitte mal 5 min investieren und  zu 5 Kategorien alles notieren, was Ihnen einfällt:

  1. wofür Sie dankbar sind
  2. was eine positive Konstante in Ihrem Leben ist
  3. was sie nach der Krise verändern wollen
  4. auf was Sie künftig locker verzichten können
  5. was sie dazu gelernt haben

Im minimalsten Fall haben Sie 25 Aussagen gesammelt, die Sie nach vorne bringen. Und am nächsten Tag dann wieder…. So kann man geistig hamstern für die gute Zeit….

Wofür sind Sie dankbar, was ist Ihre Konstante im Arbeitsleben, was wollen Sie verändern?

Schreiben Sie mir unter 5minuten@elisabeth-berchtold.de

Die Weltbestzeit für einen Ruder-Achter liegt knapp über 5 Minuten. Schauen Sie sich doch gelegentlich mal ein Rennen an. Wie viele Entscheidungen in dieser Zeit gefällt werden können und müssen. Wie oft Taktik und Zielsetzung angepasst werden können oder müssen. Wie viel Kraft das Team in dieser Zeitspanne entfaltet. Nach dem Zieleinlauf werden Sie verstehen, warum es manchmal eine lange Phase des Lernens, Übens und Trainierens braucht, um erfolgreiche 5 Minuten zu erzeugen. Wie viel Zeit geben Sie Ihrem Team? Wie viel Zeit sich selbst?